Was sind Förderkreise?

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Warum gibt es Förderkreise (FK)?

Die sieben deutschen Förderkreise setzen sich für weltweite Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein. Sie leisten entwicklungspolitische Bildungsarbeit und bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Schritt für Schritt eine Struktur aufbauen

Schritt für Schritt eine Struktur aufbauen

Budde.jpg28.02.2018

Als Hersteller und Genießer von Schokolade sitzt Cord Budde am Ende einer langen Kakao-Wertschöpfungskette. Eine Million Tafeln Schokolade, fünf LKW-Ladungen verlassen täglich die Fabrik in Herford. Seit 1996 setzt Budde auf fairen Handel, seit 2000 auch auf Bioschokolade. Er weiß aus eigener Anschauung, wie Rohstoffproduzent*innen im globalen Süden leben und tut viel dafür, dass auch sie auf ihre Kosten kommen.

Er habe zuvor keine Ahnung gehabt, wie die Bauern leben, die den Kakao liefern, sagt Cord Budde. 2003 besuchte er zum ersten Mal Kakaoplantagen im Süden Ghanas. Die Armut und die Freundlichkeit der Bauernfamilien hinterließen einen nachhaltigen Eindruck. Seitdem sind Fair Trade und Bio Hauptthema, hat Budde seinen Einsatz für verantwortlichen Umgang mit allen an der Wertschöpfungskette Beteiligten und dem kostbaren Rohstoff Kakao konsequent erhöht. Dafür zahlt er bewusst höhere Preise. Wenn er beim Gang durch die Schokoladenfabrik die hochtechnisierten Produktionsabläufe erläutert, wirkt es auch wie eine Verbeugung vor der Kostbarkeit des Kakaos, der Mühsal des Anbaus und dem Aufwand der Weiterverarbeitung. 

„Wir sind ein so reiches Land, ganz vorn beim Schokoladenkonsum, verzehren durchschnittlich zehn Kilo Schokolade pro Kopf im Jahr – und nirgends ist die Schokolade so billig wie in Deutschland“, sagt Budde. Es ist kritisch gemeint: „Wir sind alle gefordert. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir mit Menschen und Ressourcen umgehen“. Für sein Unternehmen, das seit 2014 ausschließlich Kakao verwendet, der Bio, Fair Trade, Rainforest Alliance oder UTZ zertifiziert ist, ist es auch eine Existenzfrage. „Natürlich geht es auch darum, die Versorgung mit Kakao, wie wir ihn wollen, zu sichern.“ 



Wir wollen Verantwortung übernehmen
Mittelständische Betriebe wie seiner kämen gegen die Marktmacht der großen Süßwarenkonzerne nicht an, sagt Budde, aber es gebe immer mehr Kolleg*innen, die nachhaltig arbeiten wollten. Schritt für Schritt ließe sich in einem Netzwerk mittelständischer Unternehmen eine eigene Struktur aufbauen. Geld allein genügt dabei nicht, sagt Budde. Er strebe eine enge Bindung an die produzierenden Bäuerinnen und Bauern mit Schulung, Beratung und Unterstützung an. „Wir wollen verstärkt Verantwortung für soziale und ökologische Bedingungen in den Anbauländern übernehmen können“.

Cord Budde betreibt das Unternehmen Weinrich in vierter Generation, hält die Mehrheit der Firmenanteile. Im Besprechungsraum im alten Verwaltungstrakt stand früher der Weihnachtsbaum der Familie, erzählt er. Ab den 1920er Jahren produzierte die 1895 vom Urgroßvater gegründete Keksfabrik auch Schokolade, Anfang der 1960er Jahre ausschließlich Schokolade und Kuvertüre. Gegen die Bedenken des Vaters nahm Cord Budde 1996 einen Auftrag der Fair Trade Company GEPA an. Der Erfolg gab ihm Recht. Weinrich ist heute einer der Weltmarktführer in der Herstellung von Fair Trade Schokolade. 1998 kamen Pauline Tiffen und Sophi Tranchell von Divine Chocolate auf Budde zu. Divine brachte die erste für einen Massenmarkt produzierte fair gehandelte Schokoladentafel in die britischen Geschäfte, mit einem innovativen Modell: Der Hauptlieferant, die Kooperative der beteiligten Bäuerinnen und Bauern in Ghana, Kuapa Kokoo ist zu 45 Prozent am Unternehmen beteiligt und sitzt im Vorstand.

Nach Ghana reist er am liebsten
Der Gedanke daran, dass man ihm seinerzeit einen Produktentwickler schickte, der dabei helfen sollte, eine Fair-Trade-Schokolade zu entwickeln, die wie der britische Marktführer Cadbury Dairy Milk schmeckt, erheitert Budde immer noch. Heute gehören Gepa und Divine Chocolate zu seinen größten Kunden. Momentan ärgert es den Unternehmer, „dass Fair Trade das Siegel dadurch aufgeweicht hat, dass es neben dem gewohnten nun auch ein zweites Siegel gibt, das als „Fairtrade Cocoa Program“ bezeichnet wird. Nur noch der Kakao muss dafür fair gehandelt sein. Das finde ich verwirrend für die Verbraucher.“

1999 kam Andreas Meyer, zuvor Einkäufer bei der Gepa, als Geschäftspartner auf Budde zu mit dem Vorschlag, nicht nur Fair-Trade, sondern auch BioSchokolade zu produzieren. „So entstand die Marke Vivani, angefangen mit drei Sorten, die heute zu den Topmarken im Naturkostfachhandel zählt und in 50 Länder exportiert wird“, erzählt Budde. Die Schokoladenfabrik ist klimaneutral, es gibt einen Energiebeauftragten und seit Kurzem eine Nachhaltigkeitsbeauftragte, die alle internen Abläufe und verwendeten Produkte unter die Lupe nimmt.

Cord Budde bezieht Kakao aus vielen Ländern, Ecuador, Peru, Bolivien, Panama oder der Dominikanischen Republik, aber ein großer Teil des eingesetzten Kakaos kommt aus Westafrika und nach Ghana reist Budde am liebsten. „Jedes Jahr einmal“, sagt er, „weil man dort am deutlichsten sieht, was das Ganze bringt. Die Fair Trade Prämien eröffnen den Bauern mehr Chancen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Die Kinder können zur Schule gehen, alle haben Wasser in den Dörfern, bekommen neues Werkzeug, jedes Jahr neue Macheten für die Ernte“. Für einzelne Projekte wie ein Lehrerhaus beispielsweise engagiert sich das Unternehmen mit Spenden. Problematisch findet Budde inzwischen die Größe der Kooperative. „100.000 Bäuerinnen und Bauern, von einer Zentrale gelenkt!“ Aktuell gehe es darum, Regionalgesellschaften zu bilden.

Produzent*innen in der Schokoladenfabrik
Cord Budde ist Mitglied im Westdeutschen Förderkreis von Oikocredit und auch sonst an mehreren Schnittstellen mit der Genossenschaft verbunden. Divine Chocolate arbeitet seit 2006 mit Oikocredit zusammen. Bio- und Fair Trade-zertifizierten Rohrzucker bezieht Budde unter anderem von der Kleinbauernkooperative Manduvirá aus Paraguay. Auch sie ist eine Oikocredit- Partnerorganisation, die von anfänglich 200 auf über 1700 Mitglieder angewachsen ist und mit ihrer eigenen Produktionsanlage die Abhängigkeit von den Zuckerbaronen aushebelt. 

Der Unternehmer aus Herford würde gerne in Ghana auch investieren und produzieren, „nicht Schokolade, dafür ist es zu heiß, aber Vorprodukte wie Kakaomasse“, sagt Cord Budde, aber das erlaubten die Rahmenbedingungen in Ghana nicht. Schade eigentlich. Der Schokoladenfabrikant bildet aus Überzeugung  aus, unter den 350 Mitarbeiter*innen im Betrieb in Herford sind 30 Auszubildende in sieben Berufsfeldern. Und vernünftige Ausbildungen, da deckt sich Buddes Einschätzung mit der aller an diesem Heft Beteiligten, wären immens wichtig, um Perspektiven für junge Menschen im eigenen Land zu schaffen. Weil er in kompletten Wertschöpfungsketten denkt, hat Cord Budde fürs Erste einen Austausch initiiert. Zwei Gruppen ghanaischer Bäuerinnen und Bauern waren bereits in Herford, „um zu sehen, was mit ihrem Kakao geschieht“. Jetzt will er Mitarbeiter*innen aus Herford dafür gewinnen, die Plantagen in Ghana zu besuchen. Die Besuche seien interessant und bereichernd gewesen, sagt Budde, aber am Ende seien die Gäste doch froh gewesen, nach Ghana zurück zu dürfen, „obwohl es Frühsommer war und wir es ihnen hier wirklich nett gemacht haben...“. „Und beim Besuch des Schokoladenmuseums in Köln“, setzt er lachend nach, „haben sie die Führer*innen sofort aufgeklärt, dass beim Kakaoanbau alles ganz anders sei, als sie erzählten.“

Text: Marion Wedegärtner

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