Was sind Förderkreise?

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Warum gibt es Förderkreise (FK)?

Die sieben deutschen Förderkreise setzen sich für weltweite Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein. Sie leisten entwicklungspolitische Bildungsarbeit und bieten die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Digital durch die Krise

Digital durch die Krise

Muranga©Musoni.jpg10.09.2020

Verändert die Corona-Pandemie den Zugang zu Zahlungsmöglichkeiten oder beschleunigt sie gar durch eine zunehmende Digitalisierung die finanzielle Inklusion? Welche Rolle kann dabei eine private Investorin wie Oikocredit spielen? Dieser Frage gingen wir im Gespräch mit Vincent van Dugteren nach, der bei Oikocredit International verantwortlich für den Bereich Finanztechnologien ist.

Möglichst bargeldlos mit Karte zu bezahlen, ist hierzulande seit Ausbruch der Pandemie erwünscht, um den Kontakt mit Personen und Oberflächen, auf denen sich das Covid-19-Virus halten kann*, verringern. Doch wie sieht es in Ländern des globalen Südens aus, wo Bargeld noch viel mehr im Umlauf ist als in Europa, und wo ein Großteil der Menschen keine Chance hat, ein Bankkonto zu nutzen und nicht mit Karte bezahlen kann, obwohl die Infrastruktur es erlauben würde?

Weltweit haben etwa zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Die zunehmende Digitalisierung im Finanzbereich eröffnet ihnen neue Möglichkeiten. Vor allem in Afrika richten sich Finanztechnologien (Fintechs) an Menschen ohne Bankkonto und in entlegenen Regionen. Fintechs können damit einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Inklusion leisten. 

Oikocredit beobachtet aufmerksam die neuen Trends. Vincent van Dugteren, Experte für Fintechs bei Oikoredit International in Amersfoort: „Wir sehen, dass es ein Risiko ist, in Fintechs zu investieren, und ebenso ein Risiko, nicht in Fintechs zu investieren.“ Fintechs sind meist junge und schnellwachsende Unternehmen mit wenig Erfahrung im nachhaltigen Finanzsektor. Die Genossenschaft minimiert das Risiko, indem sie vorerst nur einen geringen Teil des Portfolios in diesem Bereich investiert, aktuell acht von über 600 Partnern. Die Investitionen gehen mit einer gründlichen Prüfung und dem Austausch mit anderen Investoren einher. Keine leichte Aufgabe, denn jeder Staat hat sein eigenes Rechtssystem und unterschiedliche Finanzmodelle entwickelt. In Brasilien beispielsweise gibt es die Möglichkeit, mittels QR-Codes zu bezahlen, und in Kenia boomt mobile money, mobiles Geld, das über das Handy verwaltet wird.

Aktuell investiert Oikocredit in Fintechs in Asien, Mittelund Südamerika. Diese Partner bieten kleinsten, kleinen und mittelständischen Unternehmen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Ebenso gibt es Partner im Bereich Mikrofinanz, wie in Kenia zum Beispiel, die verstärkt digitale Angebote wie mobiles Geld nutzen. So auch der Partner Musoni Microfinance Limited mit Sitz in Nairobi, welcher Kredite für Wirtschaft und Bildung anbietet und ausschließlich mobil zahlt und komplett bargeldlos arbeitet. Dadurch werden Arbeitsprozesse erleichtert und beschleunigt. In Kenia nehmen mittlerweile etwa 90 Prozent der Bevölkerung diese Technologie in Anspruch. Grundidee war, über das Handy die Rückzahlung von Mikrokrediten zu ermöglichen. Doch das Pilotprojekt, das 2005 in dem ostafrikanischen Land durchgeführt wurde, zeigte, dass die Beteiligten ein anderes Interesse hatten: Die Nachfrage nach Geldtransfer von Handy zu Handy an Familienmitglieder und Bekannte war wesentlich größer. So wurden die Grundlagen von mobile money gelegt, bis heute erfolgreich mit
wachsenden Kund*innenstamm, weltweit und vor allem auf dem afrikanischen Kontinent.

Telekommunikationskonzerne stehen hinter der Technologie. Ihnen ist es möglich, Transaktionen kostengünstig zu halten, da sie nicht vom Gewinn des mobilen Geldes abhängig sind, wie es beispielsweise Banken sind. Sie sind vor allem an Kund*innenbindung interessiert. Doch ganz ohne Banken geht es nicht, denn für Überweisungen wird das Korrespondenzbankensystem genutzt. Um Kunden*innenansprüchen, wie Auslandsüberweisungen, Kredit- und Sparmöglichkeiten oder Versicherungen gerecht zu werden, arbeiten Telekommunikationskonzerne und Banken zusammen.


Soziale Wirkung & digitale Finanzangebote

Vor allem in afrikanischen Ländern sind sogenannte Nanokredite, Kleinstkredite, die für individuelle Bedürfnisse vergeben werden, Teil des mobilen Angebotes. Etwas, das Oikocredit kritisch beobachtet. Vincent van Dugteren: „Die soziale Wirkung bei konsumorientierten Krediten bleibt undurchsichtig.“ Die Höhe der Kredite beginnt bei zwei US-Dollar, die Rückzahlungszeiträume werden auf sieben Tage oder mehrere Monate angelegt. Die Zinsen sind im Vergleich zu Mikrokrediten sehr hoch. „Ob und wie eine Rückzahlung gewährleistet werden kann, ist fraglich“, so Vincent van Dugteren, „als Folge droht, dass die Kund*innen sich überschulden“. Dennoch sei es während der Corona-Pandemie ein willkommenes System, das Menschen ermöglicht, die Krise zu
überbrücken.

Um die Pandemie einzudämmen, wurde in einigen Ländern Afrikas für mehrere Wochen ein kompletter Lockdown von den Regierungen verordnet. Das führte
zu erheblichen wirtschaftlichen Einbrüchen. Laut Banken und Telekommunikationskonzernen aus Westafrika belebte sich jedoch kurz nach der Aufhebung der mobile Zahlungsverkehr wieder: Es gingen vermehrt Rückzahlungen von Nano- und Mikrokrediten ein und es wurden vermehrt Nanokredite angefragt, die mithilfe von Fintechs über Apps vergeben wurden**. Wachsendes Interesse ist besonders in Ghana und Nigeria zu beobachten. In Nigeria wurde erst 2018 eine Lizenz für mobile money von der nigerianischen Zentralbank erteilt. „Wir beobachten den wachsenden Markt genau“, sagt Vincent van Dugteren, und: Man sei mit möglichen Partnern in Nigeria im Gespräch.


Die Stärke liegt vor Ort

In jedem Land, so van Dugteren weiter, beobachte die Genossenschaft die entstehenden Finanzmodelle und prüfe, welche zu ihren Zielen passten und die finanzielle Inklusion vorantreiben könnten. In Nigeria seien bereits sehr unterschiedliche Geschäftsmodelle entwickelt worden, die den Nachhaltigkeitsaspekt aufnehmen. „Gleichzeitig darf Oikocredit die traditionellen Mikrofinanzinstitutionen nicht aus dem Blick verlieren, denn die sind unser Kerngeschäft. Aber auch dort wird die Nachfrage der Kund*innen nach digitalen Produkten größer, denn zunehmend mehr Menschen besitzen Smartphones. Es gibt Investoren, die sich auf Fintechs spezialisiert haben, das macht es schwieriger für uns, die wir mit Fintechs noch recht wenig Erfahrungen haben und uns erst noch positionieren müssen“.

Gegenüber Investoren, die in Europa ansässig sind, habe Oikocredit allerdings einen entscheidenden Vorteil. Der liegt in der Arbeitsstruktur mit lokalen Fachkräften vor Ort, die den Markt, der sich schnell entwickelt, kennen und direkte Kontakte zu den Partnern pflegen. Denn, so van Dugteren: „Wir haben besonders die Endkund*innen im Blick. Mögliche Partner müssen uns davon überzeugen, dass ihr Konzept den Kund*innen wirklich nützt und sie die Geschäftsbedingungen auch erfüllen können.“ Ein Ziel der Genossenschaft sei es, so van Dugteren, Mikrofinanzinstitutionen mit Fintechs zusammenzubringen und Schulungen und Weiterbildungen zur Digitalisierung anzubieten.

Text: Julia Krojer

*https://bit.ly/33NuDBq
**Online-Vortrag: African Innovations in SME Finance Mobile Financial Services von Acceleerating Finance for SMEs mit Vertretern von westafrikanischen Banken, Fintechs und Telekommunikationskonzernen (EcoBank, Jumo und MTN), 20.05.2020

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Oikocredit Westdeutscher Förderkreis e.V.
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